Von Moledo (Portugal) nach Oia (Spanien) in 21,1 km
Vor zwei Tagen, als wir in der Albergue de Peregrinos in Viana do Castelo geschlafen haben, hat mich unsere Tschechische Wegbegleiterin etwas verunsichert. Sie hat davon gesprochen, dass man die Fähre buchen muss, damit man in Caminha die Meeresschneise überqueren kann für den Übertritt nach Spanien. Wenn ich Peter auf so etwas anspreche, dann sagt er immer nur «Papperlapapp – das wird schon gehen» und die Diskussion ist beendet. Somit frage ich ihn gar nicht erst, sondern mach mich selber schlau. Ich erfahre, dass es von den Gezeiten abhängig ist, ob und wann man überhaupt überqueren kann und dass es nebst der offiziellen Fähre auch Wassertaxis gibt, extra für Pellegrinos. Peters› Papperlapapp gefällt mir für heute und ich lass es einfach auf uns zukommen.
Heute morgen war also dieser Tag. Wir laufen von Moledo in Richtung Caminha und werden einfach schauen, wie wir rüber kommen.
Die letzte Nacht war wirklich, wirklich, wirklich grausam. Wir waren noch bei der besten Pizzeria im Dorf (es war die Einzige), die Pizza war echt der Hammer und der Rotwein auch. Soweit alles gut. Donna, der Wachhund unserer Herberge war schon im Bett, als wir zurückkamen.
Wir also nix wie raus aus den Kleidern und rein ins Bett. Morgen können wir etwas länger schlafen, denn das mit der Fähre oder dem Taxi wird wohl nicht sehr früh klappen. Meiner Schätzung nach, habe ich keine Stunde am Stück geschlafen, denn wir wurden von Mücken GEFRESSEN. Das führte sogar soweit, dass ich die Decke ganz über den Kopf zog und nur ein kleines Luftloch offen liess. Weder Peter noch ich waren demzufolge heute Morgen gut drauf. Kam hinzu, dass das Wetter immer noch lausig ist.
Der Weg führte unmittelbar unterhalt unserer Herberge durch den Wald. Was für ein Geschenk. Nach nicht mal einer Stunde standen wir plötzlich an dieser Meeresschneise und – TROMMELWIRBEL – das Taxi Boat Peregrino hatte genau hier seinen Stand. Das war einfach nur perfekt. Wir mussten zwei Überfahrten warten, bis wir dran waren. Tja, da war der Moment. Wir verlassen Portugal und gehen nach Spanien.
Während der Überfahrt kamen mir Flüchtlinge in den Sinn. Wie fühlen sie sich, wenn sie ihr Land verlassen und einfach irgendwo hin gebracht werden? Es ist ein seltsames Gefühl, obwohl WIR wissen, wohin es geht. Unser Captain strandet irgendwo und wir können in den halbwegs trockenen Sand springen. Wir sind ab jetzt in Spanien. Olà! Keine Grenzkontrolle, nichts. Die ersten Schritte in Spanien machen wir auf einem Holzsteg in einem Wald und wir wundern uns darüber, warum die Bäume so unkoordiniert wild und in Teilen bemalt sind. Mein Gehirn kennt das und handelt intuitiv richtig. Was für eine geniale Idee. Überall dort, wo auf dem Steg ein Kreis mit zwei Füssen aufgemalt ist, kann man sich hinstellen und sieht das jeweilige Kunstwerk als Ganzes. Eine witzige Abwechslung.
Nach ungefähr einer halben Stunde realisieren wir, dass die Zeitumstellung uns die geschenkte Stunde wieder genommen hat. Das ist heute sehr gut für uns, dann hat nämlich sicherlich ein Café offen. In Bezug auf die Pilger und den Camino gibt es zwei offensichtliche Unterschiede. Den ersten merken wir sofort, denn plötzlich begrüsst uns fast ausnahmslos jede und jeder mit «Olà» gefolgt von «Bon Camino!» Zum zweiten komm ich gleich. Ich möchte aber die angekündigte Story auf Instagram nicht vorenthalten.
Hier geht es zum Film auf Instagram
In Guarda haben wir also ein Café gefunden. Wie immer gibt es zwei Café Americano, zwei frische Orangensäfte und zwei Bocadillos. Unser Platz ist direkt beim Eingang des Cafés als wir eine junge Frau mit einem Kind in ihrer Babytrage und einem schönen Golden Retriever daher kommt. Die Frau mit Baby geht ins Café hinein und bestellt sich an der Theke etwas. An Peters› Blick merke ich, dass mit dem Hund etwas Besonderes ist. Der Hund sitzt einfach da, ohne dass er irgendwie angebunden ist. Völlig brav und regungslos. Wow denke ich. In diesem Moment kommt ein Auto von links aus der Fussgängerzone und möchte am Hund vorbei. Dieser bewegt sich KEINEN einzigen Millimeter. Er schaut zwar ins Café hinein, dort wird ihm aber kein neuer Befehl zugerufen. Eine Frau steigt aus dem Auto und will den Hund einen Meter bewegen. KEINE CHANCE! Er bleibt einfach sitzen und bewegt sich erst wieder, als Frauchen mit Baby bei ihm ist. Ich bin sehr beeindruckt.
Jetzt aber zum zweiten Unterschied. Wer Lust hat, kann sich das Video auf Instagram anschauen, wo wir alles genau erklären. Es geht nämlich um die Beschriftung des Weges. Hier in Spanien kann man absolut ohne App oder Karte laufen. Alles ist einfach so genial beschriftet, dass man nicht anders kann, als den Weg zu gehen.
Zudem merkt man, dass sich die Spanier auf das heilige Jahr aufgerüstet haben. Es gibt neue Picknickplätze, Bierhersteller haben dafür eigens Tische, Stühle und Sonnenschirme produzieren lassen und sogar der Papst hat sich erweichen lassen, das heilige Jahr um ein Jahr auf 2021/2022 zu verlängern.
Der Weg ist auch heute einfach nur genial – fast zu schön, um bei schlechtem Wetter zu laufen. Aber, es ist, wie es ist. Ganz neu zu gestern geht es doch immer wieder mal hoch und runter, was wir beide sehr schätzen.
Meinen Füssen geht es – leider – gar nicht gut und am linken Oberarm habe ich eine ganz hässliche Entzündung eines Mückenstiches. Zum Glück habe ich a) einen solchen Mann und b) meine Techniken, damit diese Beschwerden in Grenzen gehalten werden können. Natürlich kommen wir ans Ziel, an einen wunderschönen kleinen Ort namens Oia in eine Herberge, welche auf Booking.com mit 9,9 bewertet wird. Wir sind gespannt ….
Bon Camino.
Hallo Claudia, Hallo Peter
Schöner und interessanter Wegbericht, in der Sprache wie «mann» dich kennt Claudia :-))
Die beiden Hunde: was guckst du und ich bewege mich nicht vom Fleck sind schon Speziell so wie das Selfie vom euch beiden, Claudias Iiiiiiiiiiiiiiii und Peters Brrrrrrrrrr mit Claudias «SD und weiter».
Die «Kunst am Baum», könnte fast von unsern Künstler-Nachbarn im Haus-zur-Glocke sein aber sicher viele interessanter als der momentane «Odysseus – Odyssee am Untersee» wobei das Thema etwas Ähnlichkeit mit eurem Weg hat ;-))
Freu mich auf die weiteren Berichte und nicht vergessen die Füsse zu pflegen.
Theo
Gell, es ist einfach der Wahnsinn, was da so alles abläuft. Wir staunen selber auch immer wieder, wenn wir Berichte lesen, die Tage her sind. Und ja, die Füsse werden schön brav gepflegt. 🙂