Camino Fernwanderungen

Tag 3 – Wellness by walking ….

Von Aver-o-Mar nach Marinhas – etwas mehr als 21 km

Die Wettervorhersage für heute hätte nicht unterschiedlicher zu den Tagen davor sein können: 10° Celsius weniger und Wolken. Bereits gestern Abend waren wir ziemlich erstaunt über die Nebelschwaden. Wir hielten es für ein abstruses Wetterphänomen, dabei war es einfach nur das Wetter von heute. Hahaha. Aber mehr dazu gleich.

Die Dorade gestern Abend war hervorragend, der Gastgeber voll im Stress und uns ging es einfach nur vom Feinsten. Das kleine Fischrestaurant mit garantiertem Sonnenuntergang war so voll, wie es eben “Duweisstschonwasichmeine” zulässt. Mein Bezug zu Fisch hat sich die letzten Jahre stark verändert. Einerseits hat mir ein Fisch-Kochkurs dabei geholfen, andererseits ein Youtuber. Ja, echt wahr. Brodie Moss nimmt mich so immer wieder auf seine Angelausflüge mit. Er ist sehr achtsam und wertschätzend mit jedem einzelnen Fisch, den er für sich fangen kann. Mir gefällt es, dass ich Fisch essen so sehr wertschätzen kann und geniesse es daher umso mehr.

Da wir wieder einen warmen Tag erwarten, starten wir früh. Es war am Ende des Tages viel zu früh. Exakt um 04h52 marschierten wir los. Dicke, fette, nasse Nebelschwaden verhüllten alles. Man sah echt nicht weit. Dafür präsentierte sich der Camino Portugues in einer sehr mystischen Art und Weise. Es ist ein Wahnsinn, was die Portugiesen hier gebaut haben. Sie haben nicht nur den Steg gemacht, sondern diesen auch noch beleuchtet. Einfach nur WOW. Ein dickes fettes Dankeschön an wen auch immer!

Die Nebelschwaden, gemischt mit der Meeresbrise, fabrizierten einen wohltuenden Mix aus feuchter Luft und Salz. Hinzu kam noch der Duft der wilden Kräuter um uns herum. Irgendwie hat es sich angefühlt wie in einem zu kühlen Dampfbad. Ungewohnt und doch sehr wohltuend. Später ist noch das Aroma von den Eukalyptuswäldern dazu gekommen – man könnte echt sagen, heute war unser Wellness-Tag.

Peter meinte beim Start: “Komm, wir geben Gas und in einer Stunde machen wir irgendwo Pause.” Dieser Plan ging sang- und klanglos in die Hosen. Da war nichts zum Sitzen ausser dem Boden und der war nass. Durchbeissen hiess die Devise. Habe ich eigentlich schon mal erwähnt, dass ich so richtig ungemütlich werde, wenn ich Hunger habe? Nein? Ich hab mich fleissig korrigiert und blieb handzahm.

Der heutige Weg hatte so ziemlich alles auf Lager. Da waren Überraschungen wie die kleinen Hasen, welche wie wild über die Felder hoppelten. Oder ein Touristen-Hot-Spot im Nirgendwo, dafür mit dem Hinweis, wieviele Kilometer es noch bis Santiago de Compostela sind. Oder der Gottesdienst, der am unseren Ankunftsziel im Freien abgehalten wurde. Überraschend war auch die Anzahl der Pilger, die heute alle hier schlafen.

Der Weg war aber auch vielseitig. Wir liefen auf Holzstegen, Pflastersteinen, Feldwegen, an nervig lauten Strassen entlang, über kräfteraubende Sandwege, auf glitschigen Metallbrücken vorbei an unzähligen Gemüseplantagen und blühenden Schönheiten. Die heutige Etappe gehört in die Kategorie – “muss halt sein, gehört dazu”. Und doch ist sie im Rückblick in all ihren Facetten etwas Besonderes.

Eine Besonderheit ist der einmalige Stempel, den wir bekommen haben, weil wir zu früh raus sind und zu früh hier in Marinhas angekommen sind. Nur so hatten wir überhaupt die Gelegenheit, den Gottesdienst mitzuerleben. Nur deshalb haben wir den Pfarrer getroffen und konnten ihn um einen Stempel bitten. Dieser Stempel ist einmalig, denn er ist eine Prägung.

Bereits um 11h30 waren wir hier, die Herberge öffnete aber erst um 14h00. Ich schwöre, wir haben echt rumgeplämpert. Das Warten wurde verkürzt durch die laufende Ankunft von Pilgern aus Spanien, Rumänien, der Tschechei und aus Holland. Dafür waren wir die Ersten, die rein durften, die Ersten die ein Etagenbett aussuchen konnten (Peters’ scharfes Auge hat das Bett mit genügend Stromanschluss in Millisekunden gefunden), die Ersten, die eine warme Dusche geniessen konnten und die Ersten, die den wohlverdienten Nachmittagsschlaf genossen haben. Jetzt werden wir noch was Essen gehen – Peter wünscht sich wieder mal ein gutes Stück Fleisch. Ich bin gespannt, ob wir seinen Wunsch heute erfüllen können.

Bom Caminho!


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