Fernwanderungen Via Francigena

Tag 24 – Glitzer, Nordwind und Mähähä

Von Bolsena nach Montefiascone – 17,45 km

Eigentlich hätten wir in der Herberge von Bolsena selber kochen können. Wir waren zu faul! Meinem Bein geht es gar nicht gut. Ich humple und bin froh, als wir das Ristorante erreicht haben. Peter huscht vorher noch in eine Farmacia und bringt mir Linderung. Die Nacht war tief und fest aber auch kalt. Ein Segen im Sommer, ein Übel im Herbst und Winter.

Wir realisieren, dass wir jetzt kleidertechnisch falsch liegen. Wir wandern genau im Jahreszeitenwechsel. Vom Sommer zum Herbst, das heisst, es ist am Morgen sehr kühl, tagsüber blasen eher kühle Winde und die Sonne wärmt noch, sofern man direkt bestrahlt wird. Hmmm. Wir müssen wohl oder übel irgendwo und irgendwann ein langärmliges Shirt kaufen. Mal sehen, ob in unserem Tagesziel so etwas zu kaufen ist.

Da wir heute nur 18 km vor uns haben, lassen wir den Morgen gemütlich angehen. Bis wir nur aus der Herberge sind, ist es schon halb neun, danach musste noch ein Kaffee sein und als wir gerade loslegen wollten, hatte ich die sensationelle Idee, die Basilica in Bolsena anzuschauen.

Im Innern wurden wir von einem netten Herrn empfangen, der uns gleich eine persönliche Führung schenkt. In dieser Basilica stecken drei Kirchen. Eine wurde weit vor Christi Geburt gebaut und beherbergt noch heute über 1’000 Gräber. Die zweite Kirche wurde dann nach Christi Geburt gebaut und in ihrer Katakombe ist Christinas’ Körper aufbewahrt. Das Wunder von Bolsena, mit dem Blut aus der Hostie, zeigt er uns auch noch und zum Abschluss bekommen wir zwei Stampas auf unseren Pilgerpass.

Der Weg führt uns heute durch Wald, Wald, Wald, Wald und nochmals Wald. Wir LIEBEN es. Weit und breit kein Mensch, kein Lärm, kein Gebell – nur friedliche Ruhe. Die Gegend ist aus einem Vulkanausbruch entstanden. Kein Wunder also, ist die Erde hier nicht grau, weiss oder beige. Sie ist dunkelgrau – UND – glitzert. Den ganzen Weg, wie eine Art “Walk of Fame”.

Einen Streckenabschnitt laufen wir sogar als erste Pilger. Denn, er wird gerade frisch gemacht und wir durften. als erste die neue schöne Strasse betreten.

Wenn man den ganzen Tag im Wald ist, freut man sich immer wieder auf Aufsichtsfenster. Von diesen hat der Weg einige und sie hauen uns um.

Dank GPS weiss man dann trotzdem, wo man so ungefähr ist, trotzdem staune ich immer wieder, dass ganze Städte oder Dörfer wie aus dem Nichts einfach plötzlich da sind. 5 Minuten vorher hat man nichts gehört, nichts gesehen, nichts geahnt.

Eine spezielle Begegnung hatten wir heute einmal mehr mit Schafen. Bei einer kurzen Pause strömte aus dem Nichts eine grosse Schafherde auf uns zu. Dieses Mal trennte uns ein Zaun. Und was macht Peter? Er trainiert “Klare Ansagen = Klare Antworten”. Aber seht selber. Beachtet dabei auch, was die Köpfe der Schafe machen.

Montefiascone liegt auch auf einer Anhöhe. Die ersten paar Minuten sind gar nicht schön. Laut, viele Autos, irgendwie unschöne Häuser, einfach “wäh”. Erst die Altstadt verzaubert uns wieder und im MammaPappa stärken wir uns. Leider gibt es in. Montefiascone keine offizielle Herberge. Mit dem Cocktail des Apothekers von gestern ging das Laufen heute recht gut. Die Frage ist nun, wo schlafen wir?

Peter mauschelt irgend etwas an seinem Handy und strahlt über das ganze Gesicht, als er verkündete: „Wir haben ein Zimmer!“ Ich weiss, er führt etwas im Schilde und 1 Mal dürft Ihr raten. Genau. Er hat uns ein Hotelzimmer reserviert und zwar

a) mit Aussicht
b) mit Badwanne und
c) mit Heizung

Die Aussicht ist phantastisch, der Liegestuhl herrlich und das Bad in der Blubberbadewanne einfach der Hit. Ein grosses Bett hat mich ohne grosse Diskussionen zum Nachmittagsschlaf eingeladen und jetzt, jetzt werden wir noch etwas durch die Gassen schlendern, die Kirchen hier bestaunen, einen Apéro geniessen und etwas Essen gehen. Ach ja, ein Longsleeve wäre auch noch der Hit.

Drückt uns die Daumen!


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