Von Fidenza nach Fornovo 33,77 km
Vor dem Abendessen sind wir beide in einen Hard-Core-Turboschlaf gefallen. Zack und weg. Der Magen knurrte aber so laut, dass wir es doch noch rechtzeitig zum Nachtessen geschafft haben. Warum eigentlich läuft in italienischen Restaurants immer der Fernseher? Immer. Überall. Von dem abgesehen, dass es nervt, ist es eine massive Ablenkung.
Eigentlich, die Betonung liegt auf eigentlich, wollten wir um 6 Uhr starten, denn es wartet eine sehr lange Etappe auf uns. Geschafft haben wir dann 7 Uhr, was schrecklich früh und kalt genug war. Ich freue mich auf diesen Tag, es geht wieder aufwärts und abwärts aber vor allem geht es der Toskana entgegen.
Die ersten 10 Kilometer könnte ich heulen. Warum nur muss mir jeden Tag etwas an meinen Füsse so weh tun? Geht es nicht auch einmal ohne? Ich kann es nicht ändern und muss es wohl akzeptieren.
Es geht wirklich nicht lange und der Anfang der toskanischen Landschaft liegt vor uns. Das Aufwärts und Abwärts ist deutlich mehr als angenommen, aber es juckt mich gar nicht. 3 Aufstiege waren sehr heftig. Ich mache eher kleine Schritte, immer im selben Takt und atme sehr tief ein und wieder aus. Wie eine Lokomotive. Ohne Wenn und Aber.
Die Luft ist zwar warm aber doch frisch. Meine Lungen füllen sich bei jedem Atemzug bis in die letzten Ecken. Es fühlt sich unglaublich gut an. Die Kraft in mir zeigt sich mit jedem Höhenmeter: 1, 2, 3, 4, ….. Mich schaudert‘s vor Dankbarkeit und gleichzeitig weiss ich mal wieder, warum ich solche Strapazen auf mich nehme: Ich will mich spüren, an Grenzen gehen und geflasht sein, was für ein Wunderwerk unserer Körper ist.
Auf der ganzen Berg- und Talmarschiererei treffen wir auf kein einziges Restaurant. Nix. Nada. Niente. Unsere Bananen und Trauben retten uns. Statt Bars oder Kaffees sehen wir wundervolle Villen, die meisten unbewohnt. Und eine – wen wundert’s geschlossene Herberge. Es ist eine alte Burg, im Innenhof ein paar Tische. Auf diesem Platz sind die Momente einfach wieder nur perfekt. Peter’s Fuss macht ihm zu schaffen und er gönnt sich ein Mittagsschläfchen.
Stunden später laufen wir endlich in ein Dorf ein. Ich bin kaputttttt. Wir sind noch nicht am Ziel, es fehlen noch 7 km. Aber, wir sind gnädig mit uns. Als ich vom Gabinetto (heute zu meiner vollsten Zufriedenheit) zurückkomme, stand diese wunderbare, einmalige, deliziöse und phantastische Zwischenmahlzeit da. Parmaschinken mit Parmesan, welch ein Genuss. Danke min Schatz!
Frisch gestärkt laufen wir dem Flussbett des Taro entlang. Ein einmaliger Mix aus Fluss, Strand, Weg und Wald. Der Ausblick auf ein warmes Bett lässt uns fast über die Steine hinweg fliegen. Noch eine letzte gemeine Treppe und wir sind in Fornovo. Gleich neben der Kirche ist das Ostello, schnell den Stempel holen und ab ins Zimmer. Denkste.
‚Duweisstschonwasichmeine‘ macht uns einen fetten Strich durch die Rechnung. Sehr fett und sehr rot. Kein Zimmer, kein Albergo, kein Hotel weit und breit. Was ist denn da los?
Irgendwie schiebt das nahe Ligurien Panik und wir müssen handeln. Unter der Brücke schlafen ist keine Option. Und die Herbergen hinter dem “Passo della Cisa” von der Emilia Romania in die Toskana machen auf ‚CHIUSO‘. Die Via Francigena geht auch nach Ligurien und das ist für uns Sperrzone.
Totmüde und mit schweren Beinen entscheiden wir, dass wir in die Toskana fahren. Ab nach Massa und zwar mit dem Zug. Wir umfahren die ‚Duweisstschonwasichmeine‘ Zone. Der geplante Aufstieg morgen und übermorgen – wir haben uns darauf sehr gefreut – findet nicht statt. Die Via Francigena ist ein richtiges Abenteuer geworden und verlangt etwas spontane Planung. Dass der Zug mitten im Tunnel 20 Minuten stehen bleibt, war grad noch das Salz in der Suppe.
Peter hat husch ein Zimmer in Massa reserviert. Wir werden um ca. 21h30 ankommen, noch vor dem Zimmerbezug etwas essen und dann, dann DUSCHEN. Und tief und fest schlafen. So wird es sein. Wir freuen uns darauf, denn wir lassen uns von ‚Duweisstschonwasichmeine‘ die Freude an diesem wunderbaren Weg nicht nehmen.
Never ever.