“In der Liebe betrügt man anfangs sich selbst und am Ende andere.” (Oscar Wilde)
Es ist keine Woche her, dass ich über diesen Satz gestolpert bin und fast parallel hat mich das Wort “Selbstachtung” gefesselt. Ein Zufall? Wohl kaum. Nach viel denken und fühlen bin ich überzeugt, dass die Selbstachtung ein Schlüssel zu echter Liebe ist.
Um es vorweg zu nehmen – nichts ist wohl derart undefiniert wie das Wort Liebe. Da könnte man 100 Menschen fragen, was sie darunter verstehen und wir hätten 100 verschiedene Definitionen. Ich beanspruche nicht, dass ich weiss, was es ist. Ich habe einfach meine Definition hierfür gefunden und sie fühlt sich für mich klar und verständlich an.
Die Liebe, wie wir sie kennen, und ich rede jetzt von jener zwischen einem Paar, besteht meistens aus der Werthaltung des Nehmens. Man hat Erwartungen. Auch wenn man es nicht mal merkt. Erkennen kann man das daran, dass man sich zurück zieht, wenn der andere oder die andere nicht mehr so viel gibt. Oder anders gibt, als man gedacht hat. Diese Liebe ist an Bedingungen geknüpft. Ich nenne diese Form Krückenliebe. Das heisst, wir selber sind nicht in der vollen Eigenliebe, also humpeln wir emotional. Wir fühlen uns nicht ganz, uns fehlt etwas, wir sind suchend. Um dies auszugleichen benötigen wir einen Partner. Eben diesen einen oder diese eine, der oder die uns glücklich macht, das Glück perfektioniert. Und wenn er (oder sie) in unserem Leben ist, fühlen wir uns vollkommen. Eben weil wir ja jetzt nicht mehr “humpeln” müssen.
Kommen wir auf den Satz zurück von Oscar Wild, den ersten Teil des Satzes. “In der Liebe betrügt man anfangs sich selbst …” Wenn ich also in der Krückenliebe lebe, dann liegt es verdammt nah, dass ich den einen oder anderen Kompromiss eingehe. Ich meine hier nicht das Geben und Nehmen, was in einer Partnerschaft Basis sein sollte. Ich rede von diesen Kompromissen, welche wir mit uns machen. Beispiel gefällig? Eigentlich würde ich heute sehr gerne zum Fussballspiel gehen – aber ich kann ja nicht schon wieder. Eigentlich würde ich extrem gerne mal wieder einfach so mit meinem Ex etwas trinken gehn – aber wenn ich das mache, dann habe ich Krach. Eigentlich hasse ich High Heels – aber ihm gefällt es ja so sehr. Eigentlich mag ich es gar nicht dieses lange Vorspiel beim Sex – aber sie braucht derart lange, bis sie Lust bekommt. Eigentlich nervt mich ihre bemutternde Art – aber sie ist echt eine liebe Person.
Wieviele “Eigentlichs” hast du mit dir schon ausgemacht? Jedes Eigentlich ist eine Lüge zu dir selber. Ja, es gibt Dinge, die tut man nicht, weil der Partner oder die Partnerin zur selben Zeit einen Termin hat oder weil man gemeinsam etwas ausgemacht hat. Aber etwas nicht zu tun, weil der andere nicht will, dass man das tut – das hat rein gar nichts mit Liebe zu tun. Das ist Bedingung mit Zuneigung verknüpfen – wird übrigens auch als Liebe bezeichnet.
Selbstachtung ist ein geniales Wahnsinnsinstrument. Achte auf dich. Auf dich selbst. Was macht es mit dir, dieses Eigentlich? Wenn es nichts macht, dann war es nicht wirklich ein Herzensthema. Aber wenn es nagt, dann solltest du es dir Wert sein, dafür einzustehen. Aus Eigenliebe. Dein Gegenüber sollte auch so gestrickt sein. Wer eine hohe Selbstachtung hat ist voller Liebe. Somit handelt er oder sie aus Liebe. Was gibt es Schöneres. Liebe die gibt. Ganz ohne Bedingungen. Danke Oscar Wilde.